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„My Polish heart“ – macht neugierig auf Mehr

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Im November 2018 feiert Polen den 100. Jahrestag seiner Unabhängigkeit. Der NDR hat dies zum Anlass genommen, das Land unter dem Titel „My Polish heart“ in den Fokus zu rücken, mit zahlreichen Konzerten in der Elbphilharmonie. Der junge Stardirigent Krzysztof Urbański schlägt im Konzert mit dem NDR Elbphilharmonieorchester mit Chopin, Lutosławski und Penderecki einen Bogen von der Romantik bis in die zeitgenössische polnische Musikszene. Ein Kollege und Kenner dieser polnischen Musikszene hatte bei den Namen Penderecki und Lutosławski grinsend abgewunken. Aha, bekannt wie bunte Hunde in Polen, aber nicht unbedingt be- und geliebt, war meine Schlussfolgerung gewesen. Pendereckis Stück „Polymorphia“ ist ein Auftragswerk des NDR aus dem Jahre 1961, als Penderecki zusammen mit Stockhausen noch als Avantgardist galt und für die neue Moderne stand. Es wurde am 16.04.1962 in Hamburg uraufgeführt und ist ein Geräuschkonzert für 48 Streicher. Penderecki bringt darin die klanglichen Fähi

König Lear scheitert am Generationenwechsel – Altern in Würde undenkbar?

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von Katrin Dürwald Warum trägt der moosgrüngekleidete Balljunge eine asymmetrische Halbglatze, und warum erinnert der behaarte Teil der Frisur an Andre Agassi? – Warum werden die zwei bösen Töchter Goneril und Regan von Männern in Frauenkleidern gespielt? Warum ist der bösartige Edmund ein Mädchen in japanischer Schuluniform? Wieso sind sowohl König Lear als auch Lord von Gloster so ahnungslos in bezug auf ihre Kinder, warum sind sie so extrem und schwanken zwischen grenzenlosem Vertrauen und maßloser Verurteilung? -Wieso drückt sich Wahnsinn durch Nacktheit aus? Auf einige dieser Fragen findet der Theaterbesucher Antworten, andere bleiben auch nach Tagen noch ohne Deutung. Sowohl rätselnd als auch fasziniert verfolgt man die Inszenierung von „König Lear“, mit der Intendantin Karin Beier die Saison im Schauspielhaus eröffnet. Die Bühne ist ein großer hellgrauer Kasten mit einem nach vorn hin schräg abfallenden Boden. Der alte König Lear alias Edgar Selge schreitet in Zeitlupente

Pop-Barde Jan Loechel persönlich und aufgeschlossen

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von Katrin Dürwald Bei Frank Farian weiß man, warum er sich dagegen entschieden hat, selbst auf die Bühne zu gehen. Aber bei Jan Loechel muss der Beweggrund anders gewesen sein. Vermutlich hatte er als Komponist sehr schnell Erfolg und kommt mit seinen Tantiemen gut über die Runden. Die finanzielle Unsicherheit eines Musikerlebens habe ihn in den ersten Jahren angetrieben, schildert er. Die Sorgen der Familie über sein „unstetes“ Leben seien ihm aber zum Glück erst später, nachdem er bereits Erfolg gehabt habe, deutlich geworden. Der Abstand zwischen Bühne und den ersten Sitzreihen beträgt weniger als einen Meter. Die Bühne ist gekennzeichnet durch eine großen Schmutzteppich, der an den Ecken mit Klebeband befestigt ist. Auf diesem Teppich steht ein zierlicher Typ mit eng anliegenden Jeans, graumeliertem Haar, einem gut getrimmten Vollbart, buschigen Augenbrauen, sehr schönen Augen und einem gewinnenden Lächeln. Selbst wenn er nicht singen könnte, wäre der Anblick nicht übel

Junge Songwriterin Corinne Bahia erwärmt in Hamburg Herzen der Zuschauer

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Von Katrin Dürwald Wenn abends im Dunkeln einander völlig unbekannte Menschen zielstrebig zum gleichen Türeingang einer Hamburger Wohnstraße streben, ganz so als hätten sie sich einer konspirativen Vereinigung angeschlossen, dann ist wieder Zeit für das Festival „ Musik in den Häusern der Stadt “. Privatmenschen, Stiftungen und kleine Unternehmen öffnen ihre Türe und verwandeln ihre Werkstätten, Wohnzimmer und Gewächshäuser in ungewöhnliche Musikstudios. Das Festivalkomitee unter Leitung von Maike Schäfer und Berit Rapp vollbringt das Kunststück, jedes Jahr aufs Neue tolle Gastgeber zu finden, und sie schafft es, aufstrebende Musiker für dieses außergewöhnliche Format zu gewinnen. Das persönliche Highlight des diesjährigen Festivals war der Auftritt von Corinne Bahia und Band in einer romantisch ausgeleuchteten Dachgeschosswohnung in Hamburg-Marienthal. Die Gastgeberin des Abends begrüßte uns ebenso freundlich wie ihr kleiner weißer Hund. Wir bekamen ein Glas Wein und wu

Pianist Ivan Ilić in der Klangmanufaktur zu Gast –Sitzen und Zuhören mit Anstrengung

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Von Katrin Dürwald Im Rahmen des exklusiven Festivals „Musik in den Häusern der Stadt“ trat der amerikanische Pianist Ivan Ilić mit seinem Programm „Reicha rediscovered“ in der Klangmanufaktur auf. Die Klangmanufaktur ist ein erfolgreiches Startup-Unternehmen, das sich zum Ziel gesetzt hat, Flügel der Firma Steinway & Sons technisch so aufzubereiten, dass sie akustisch wieder im professionellen Konzertbereich eingesetzt werden können. Einmal im Monat veranstalten sie kostenlose Konzerte für jedermann, aber an diesem Abend war der Besuch Festivalbesuchern vorbehalten. Der amerikanische Pianist Ivan Ilić hat serbische Wurzeln und besitzt zwei Abschlüsse der kalifornischen Elite-Uni Berkeley, nämlich in Mathematik und in Musik. Er hat sich für die Musik entschieden und ist heute weltweit in den großen Konzertsälen zu Hause. Die Hamburger Mäzenin Bettina Wurm ermöglichte den Auftritt des bekannten Künstlers und stellte ihm überdies den B-Flügel ihrer Mutter zur Verfügung. Stei

Animalisch-sexy! - Israel Nash im Nochtspeicher

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von Katrin Dürwald Es herrscht kein Gedränge im Nochtspeicher , was zwar nicht gut ist für die Einnahmen der Band, aber angenehm fürs Publikum. Stehend hat man reichlich Platz, und die Luftzufuhr ist gut. In der Hand ein Bier und direkten Blick auf die Bühne, was will man mehr? Im Publikum mehr Männer als Frauen, junge Bartträger in Holzfällerhemden, Mittfünfziger mit schütterem Haar und einsame Wölfe unbestimmten Alters. Vielversprechendes Umfeld, das einem sagt, wo man steht – ähnlich wie bei Trailern im Kino, die einem auch sagen, ob man gleich einen guten Film sehen wird. charmant plaudernder Matthew Logan Vasquez Zum Warm-up tritt Matthew Logan Vasquez auf die Bühne. Er trägt eine dunkle Janis Joplin Brille und eine Baseballmütze, unter der seine dicken braunen Haare unbändig hinter seinen Ohren hervorwuscheln. Das sieht hinterwäldlerisch aus und soll vermutlich zeigen, dass ihm sein Aussehen völlig gleichgültig ist. Seine Songs sind melodisch und schwanken zwische

Leon Bridges erneuert den Funk-Soul – woher kommt das Retro-Label?

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von Katrin Dürwald Wie viele junge Frauen haben sich die Tickets für Leon Bridges allein aufgrund des Songs „River“ aus der TV-Serie „Big Little Lies“ gekauft? - Ein schweifender Blick ins Publikum des gut gefüllten Docks an diesem Abend lässt erahnen, dass es hier kaum eingefleischte Leon-Bridges-Fans gibt, sondern dass die Hamburger neugierig sind auf diesen jungen Sänger mit der weichen und doch so kraftvollen Crooner-Stimme. Es wird ein Abend des Kennenlernens, der hanseatisch abwartend startet und im Verlauf des Abends in wohlige Begeisterung umschlägt. Wenn von Leon Bridges die Rede ist, steht sein Name gern im Zusammenhang mit Otis Redding und Sam Cooke. Schubladenartig nennt man es Retro-Funk der 60er und 70er Jahre, was Bridges da 2015 auf seiner Platte „Coming Home“ und dieses Jahr mit dem Album „Good Thing" produziert hat. Man nennt ihn auch häufig in Zusammenhang mit Michael Kiwanuka, wobei mir ihr gemeinsamer Nenner „Revival des Soul“ etwas zu allgem