Pianist Ivan Ilić in der Klangmanufaktur zu Gast –Sitzen und Zuhören mit Anstrengung
Von Katrin Dürwald
Im Rahmen des exklusiven Festivals „Musik in den Häusern der
Stadt“ trat der amerikanische Pianist Ivan Ilić mit seinem Programm „Reicha
rediscovered“ in der Klangmanufaktur auf. Die Klangmanufaktur ist ein
erfolgreiches Startup-Unternehmen, das sich zum Ziel gesetzt hat, Flügel der
Firma Steinway & Sons technisch so aufzubereiten, dass sie akustisch wieder
im professionellen Konzertbereich eingesetzt werden können. Einmal im Monat
veranstalten sie kostenlose Konzerte für jedermann, aber an diesem Abend war
der Besuch Festivalbesuchern vorbehalten.
Der amerikanische Pianist Ivan Ilić hat serbische Wurzeln
und besitzt zwei Abschlüsse der kalifornischen Elite-Uni Berkeley, nämlich in
Mathematik und in Musik. Er hat sich für die Musik entschieden und ist heute
weltweit in den großen Konzertsälen zu Hause. Die Hamburger Mäzenin Bettina
Wurm ermöglichte den Auftritt des bekannten Künstlers und stellte ihm überdies
den B-Flügel ihrer Mutter zur Verfügung.
Steinway & Sons B-Flügel in der Klangmanufaktur |
Ilić stieß vor kurzem auf einige Werke Anton Reichas (1770 –
1836), eines Zeitgenossen Beethovens und Lehrers Franz Liszts. Beeindruckt von
der Originalität und dem Ideenreichtum dieses bisher nahezu unbekannten
Komponisten entwickelte Ivan Ilić ein Programm mit Stücken, die Reicha als
junger Mann in Hamburg komponierte. Ilić spielte drei Etudes Opus 97 Nr. 4, 6
und 7. Die zeitliche Nähe zu Beethoven konnte man angesichts der Ähnlichkeit zu
Händel oder Scarlatti nicht ausmachen. Ilić spielte die Werke behutsam und
akzentuiert, doch blieben sie aufgrund der eher barocken Melodieführung weitgehend
statisch. Im Anschluss hörte das Publikum die Klaviersonate Nr. 8 c-moll, Opus
13 („Pathétique“) von Ludwig van Beethoven, die gegenüber Reicha fast modern
rüberkam. Nach der Pause präsentierte Ilić die leicht verspielten lyrischen
Stücke von Edvard Grieg.
Ilić ist ein sehr ernsthafter und intellektueller Künstler,
der sich die Werke unbekannter und moderner Künstler sorgfältig erarbeitet und
ihnen neuartige Interpretationen abringt. Auf seinen Plattencovern schaut er
mit einem nahezu verführerischen Vampirblick in die Kamera. Sein technisch
versiertes Spiel macht Lust auf mehr – aber es muss nicht unbedingt Reicha
sein.
Die Klangmanufaktur präsentierte sich als guter Gastgeber:
Experten erklärte den interessierten Besuchern die Anforderungen an eine
Steinway-Aufarbeitung, und eine tolle Catering-Crew stellte alkoholfreie
Cocktails bereit. Aber die Stuhlreihen standen sehr eng beieinander, und ab der
dritten oder vierten Reihe sah man so gut wie gar nichts mehr vom Pianisten
oder Flügel. Harte und zu enge Bestuhlung, stickige Luft und mehrheitlich schlechte Sicht machen
den Besuch zu einem anstrengenden Unterfangen. Es ist eben eine Werkstatt, wenn
auch eine sehr saubere!
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