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Fazil Say und Marianne Crebassa von romantisch verklärt bis mahnend politisch

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von Katrin Dürwald „Fazil Say hat sich darüber geärgert, dass er heute Klavier üben muss, wo er doch am liebsten WM schauen würde“, erklärt mir Tülay, die ein Fan des türkischen Pianisten ist und ihm auf Facebook folgt. Das finde ich sehr sympathisch, denn ich habe auch nicht immer Lust, meinen Pflichten nachzukommen. Fazil Say ist schon oft in Hamburg aufgetreten, war 2011 auch bei Schleswig-Holstein-Musik-Festival aktiv, aber dies ist meine erste Begegnung mit ihm. Er tritt auf mit der gerade mal 31jährigen, französischen Mezzosopranistin Marianne Crebassa, einer zartgebauten Brünetten mit langen Haaren. Crebassa singt unter Begeitung des Pianisten Fazil Say französische Lieder der Spät-Romantik Am kleinen Saal der Elphi missfällt mir vor allem seine enge und spartanische Bestuhlung. Ich habe jedes Mal den Eindruck, sie hätten wieder eine Stuhlreihe mehr hineingedrückt. Der Abend beginnt mit drei Melodien von Debussy. Crebassas Stimme ist glockenrein und durchdringt mü

Wie in Trance: Leonidas Kavakos spielt Schostakowitsch‘ Violinkonzert Nr. 1 bravourös!

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von Katrin Dürwald Während sich das Orchester einstimmt, frohlockt mein Ohr bereits, denn für diesen Klang wurde der große Saal der „Elphi“ optimiert, und man hört es; schon das polyphone Nachjustieren der Instrumente des NDR Elbphilharmonie Orchesters versetzt einen in neugierige Erwartung. Der Dirigent Jukka-Pekka Saraste gibt sein Elphi-Debüt mit Nielsens Helios-Ouvertüre, dem 1. Violinkonzert von Schostakowitsch und Sibelius‘ 5. Symphonie. Er wird freundlich vom Hamburger Publikum aufgenommen, verbeugt sich kurz und beginnt mit Nielsen. Diese 1903 uraufgeführte Komposition beschrieb Nielsen als ein Lob und Preis der Sonne. Das Stück beginnt mit langen Basstönen quasi im Morgengrauen. Nach und nach kommen feierlich, fast pathetisch, Waldhörner dazu, der Morgen erwacht mit dem Einsetzen der Streicher, und die Sonne triumphiert zu Trompetenfanfaren. Dieser lautmalerische Umgang mit dem Tagesverlauf erinnert ein wenig an Smetanas „Moldau“. Das Stück wird bis heute zum Jahreswechsel

Das Tor zur Welt öffnet sich einen Spalt mit Sufi-Musik in der Elphi

von Katrin Dürwald Wenn ich den Begriff „Weltmusik“ höre, überschlagen sich in meinem Kopf sämtliche Vorurteile und vorgefasste Meinungen, die sich eher gegen das Publikum denn gegen die Musik richten. Ich denke an Frauen in gebatikten Pumphosen, an schlaksige Alt-68er mit ergrautem Zottelhaar und beider selige Blicke in Erwartung einsetzender Trance. Und jetzt hat mich der Zufall in den kleinen Saal der Elphi geführt, wo unter dem Label „Weltklassik“ der pakistanische Sänger Faiz Ali Faiz mit seinem Ensemble auftritt. Faiz steht in einer langen Tradition von Qawwali-Musikern, bereits mit 16 Jahren gab er sein erstes professionelles Konzert. Er beschreibt die Musik so: „Während des Gesangs verwenden wir ein konstantes rhythmisches Klatschen und die Trommel, wir kreieren somit eine zyklische Struktur. Dazu wiederholen wir unablässig, ständig sich im Ausdruck steigernd, heilige Worte und einige Verse aus der Sufipoesie, wir nennen das ‚Dhikrullah‘. Diese heiligen Worte richten sic

Der arme Kontrabass – Balkan-Pop und unpassende Synthesizer

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von Katrin Dürwald Das Konzert des Avishai Cohen Trios im Hamburger St. Pauli Theater aus dem Jahre 2012 ist mir noch unvergessen. Damals standen wir zu bereits fortgeschrittener Stunde eng gedrängt in einer gefühlten Sauna und schrien Avishai Cohen wahllos Songs zu, die wir unbedingt noch hören wollten. Der grandiose Pianist Omri Mor griff unsere Zurufe auf und improvisierte auf den Liedanfängen, bis das Schlagzeug und der Kontrabass einsetzten. Obwohl wir alle kaum Luft kriegten und schwitzten, wünschten wir uns, dass der Abend kein Ende nehmen würde. 2015 in der Laeiszhalle ging es bereits gesitteter zu. Auch da stand Avishai Cohen zusammen mit einem Pianisten und einem Schlagzeuger auf der Bühne: zu der Zeit waren es Nitai Hershkovits und Daniel Dor. Doch der Zauber war ungebrochen. Dieses Jahr also nun der große Saal der Elbphilharmonie – wie immer - ausverkauft. Avishai Cohen stellt seine neue Platte „1970“ vor. Es ist ein Quintett, dass da auf die Bühne zu seinen Inst