Wie in Trance: Leonidas Kavakos spielt Schostakowitsch‘ Violinkonzert Nr. 1 bravourös!


von Katrin Dürwald
Während sich das Orchester einstimmt, frohlockt mein Ohr bereits, denn für diesen Klang wurde der große Saal der „Elphi“ optimiert, und man hört es; schon das polyphone Nachjustieren der Instrumente des NDR Elbphilharmonie Orchesters versetzt einen in neugierige Erwartung. Der Dirigent Jukka-Pekka Saraste gibt sein Elphi-Debüt mit Nielsens Helios-Ouvertüre, dem 1. Violinkonzert von Schostakowitsch und Sibelius‘ 5. Symphonie. Er wird freundlich vom Hamburger Publikum aufgenommen, verbeugt sich kurz und beginnt mit Nielsen. Diese 1903 uraufgeführte Komposition beschrieb Nielsen als ein Lob und Preis der Sonne. Das Stück beginnt mit langen Basstönen quasi im Morgengrauen. Nach und nach kommen feierlich, fast pathetisch, Waldhörner dazu, der Morgen erwacht mit dem Einsetzen der Streicher, und die Sonne triumphiert zu Trompetenfanfaren. Dieser lautmalerische Umgang mit dem Tagesverlauf erinnert ein wenig an Smetanas „Moldau“. Das Stück wird bis heute zum Jahreswechsel im Dänischen Rundfunk gespielt. Und es hat wirklich etwas von Neuanfang und Zeitenwende, auch wenn die Sonne am dänischen Neujahrstag nicht den gleichen Triumph feiern dürfte wie in Griechenland, wo Nielsens Helios-Ouvertüre entstand. Saraste dirigiert das Stück zugleich beschwingt und kontrolliert. Auffallend gut gefallen mir die Hörner des NDR Elbphilharmonie Orchesters unter Führung ihres Konzertmeisters Jens Plücker.
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NDR Elbphilharmonieorchester mit glockenspielartigem Tasteninstrument
Spätestens seit Julian Barnes‘ Roman „Der Lärm der Zeit“ vor zwei Jahren ist jedem klar, in welchem schwierigen politischen Umfeld die Werke Schostakowitsch‘ entstanden sind. Er war in den 30er Jahren für seine „unsozialistischen“ Kompositionen bei Stalin in Ungnade gefallen und war ideologisch unerwünscht. 1948 entstand sein Violinkonzert Nr. 1a-Moll op. 77, aber es wurde erst 1955 in Leningrad mit dem Geiger David Oistrach uraufgeführt. Der Sologeiger des heutigen Abends ist Leonidas Kavakos. Der erste Satz (Nocturne, Moderato) wirkt düster und beklemmend. Zum zweiten Satz (Scherzo, Allegro) dreht Kavakos voll auf und liefert sich eine Art Duell mit dem Orchester. Schräge Doppelklänge dominieren sein Spiel, gehetzte Glissando-Figuren fordern den Zuhörer. Sie werden vom Orchester aufgegriffen und scheinbar nicht vollendet zurückgeworfen. Zum Schluss hält es viele Besucher nicht mehr auf dem Stuhl, sie zollen stehend und ausdauernd Beifall für diese virtuose Glanzleistung.
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Geiger Leonidas Kavakos mit Jukka-Pekka Saraste in der Elbphilarmonie

Nach der Pause kommt Sibelius an die Reihe. Einige Plätze sind freigeworden. Man wollte Schostakowitsch und Kavakos hören. Und tatsächlich: der Höhepunkt ist vorbei. Sibelius wirkt verschlafen und unbestimmt. Im ersten und letzten Satz gibt es einen wunderbaren Part der Holzbläser, aber das reicht nicht, um das Publikum zum Schwelgen zu bringen. Saraste denkt zwar in der Phase des Applauses daran, sich dem hinter dem Orchester sitzenden Publikum zuzuwenden, richtet seinen Blick aber nur ins Parkett; die Besucher in den Rängen erfahren keine Beachtung. Der Saal leert sich schnell.

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NDR Elbphilharmonie Orchester spielt Sibelius 5. Symphonie.


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