Pop-Barde Jan Loechel persönlich und aufgeschlossen
von Katrin Dürwald
Bei Frank Farian weiß man, warum er sich dagegen
entschieden hat, selbst auf die Bühne zu gehen. Aber bei Jan Loechel muss der
Beweggrund anders gewesen sein. Vermutlich hatte er als Komponist sehr schnell
Erfolg und kommt mit seinen Tantiemen gut über die Runden. Die finanzielle
Unsicherheit eines Musikerlebens habe ihn in den ersten Jahren angetrieben,
schildert er. Die Sorgen der Familie über sein „unstetes“ Leben seien ihm aber zum
Glück erst später, nachdem er bereits Erfolg gehabt habe, deutlich geworden.
Der Abstand zwischen Bühne und den ersten Sitzreihen
beträgt weniger als einen Meter. Die Bühne ist gekennzeichnet durch eine großen
Schmutzteppich, der an den Ecken mit Klebeband befestigt ist. Auf diesem Teppich
steht ein zierlicher Typ mit eng anliegenden Jeans, graumeliertem Haar, einem gut
getrimmten Vollbart, buschigen Augenbrauen, sehr schönen Augen und einem
gewinnenden Lächeln. Selbst wenn er nicht singen könnte, wäre der Anblick nicht
übel.
Die rund sechzig Zuschauer sitzen auf unbequemen Stühlen
im Hamburger Literaturhotel Wedina. Draußen wird es gerade dunkel, und man
schaut durch eine verglaste Veranda hinaus in den mit Bodenlichtern versetzten
Garten, in dem das Grün der Bäume und Sträucher romantisch aufleuchtet.
Loechel ist der Komponist für viele Popgrößen im deutschen
und internationalen Musikgeschäft. Er hat unter anderem Songs für die H-Blockx,
Christina Stürmer, Sasha und Ivy Quainoo geschrieben und hat deren Platten produziert.
Und doch berichtet er von einer Schaffenskrise, die ihn vor zwei Jahren erfasste
und in deren Verlauf er sich fragte, ob er noch so weiterarbeiten könnte. Er zog
sich zurück an die Dünen der dänischen Nordseeküste und schrieb dort Songs für
sich selbst. Weniger kommerziell getrieben, aber in dem Bestreben, wieder Spaß
am eigenen Musizieren zu haben.
Er beschreibt detailliert, wie ihm Anne de Wolff und ihr Mann
Ulrich Rode dabei geholfen haben, seinen Song „Brand New Day“ in ihrem Studio
in Wellingsbüttel aufzunehmen. Für ihn war das ein Wendepunkt. Seitdem tritt er
vorwiegend im kleinen Rahmen live auf und genießt den direkten Kontakt zum
Publikum. Das ist auch an diesem Abend spürbar. Er hört auf die Kommentare aus
den ersten Reihen, geht in den Dialog, plaudert, während er seine Gitarre auf
einen neuen Song einstimmt, mit den Gästen und gibt offenherzig Persönliches
über sich preis.
Zum Beispiel, dass sein Wagen in der Nacht aufgebrochen
wurde, und dass er froh gewesen sei, wenigstens am Abend seine Gitarren ins
Haus getragen zu haben. Dass er einen lauschigen Abend mit seinem Vater bei
einem Glas Rotwein verbracht habe. Die Songs leben von seiner fantastischen Stimme,
wobei die Melodieführung geradezu „peacig“ bleibt. Das gefällt nicht immer,
aber da steht er drüber. Der Abend ist erfüllt von gefühlvollen Balladen und
dieser wunderbar vielschichtigen Stimme.
Loechel erzählt, dass seine Oma heute eigentlich Geburtstag
habe. Aufgrund des Einbruchs hätte er sie aber nicht auf dem Friedhof besuchen
können. Beim darauffolgenden Song fährt ein Windstoß durch den Garten, und wir
sehen gelbleuchtende Birkenblätter durch die Luft segeln. Als ob Oma sagen
wollte: es ist gut, Junge.
Einer der eingängigsten Songs des Abends ist „Killing me
beautiful“ von seiner aktuellen Platte „III“. Das Publikum summt im Refrain nachhaltig
mit und ist am Ende sehr beseelt vom Menschen und Musiker Jan Loechel. Auch
nach dem Konzert sucht er das Gespräch und nimmt sich viel Zeit für seine
Zuhörer.
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