Wandern auf den Lebensstationen eines rechtschaffenen Freimaurers im Eutiner Schlosspark
von Katrin Dürwald
Seit fast fünfzehn Jahren veranstaltet die Eutiner Loge “Zum Goldenen Apfel” in den Sommermonaten kostenlose Führungen durch den Eutiner Schlosspark. In ihm sind freimaurerische Gestaltungselemente aus dem Ende der 18. Jahrhunderts bis heute erhalten geblieben. Für den ungeschulten Besucher sind diese nicht ohne weiteres erkennbar. Umso besser ist es, dass Logenmitglied Dieter Orzelak diese geheimen Symbole entschlüsseln kann und heute etwa 20 Gäste auf eine Reise ins späte 18. Jahrhundert mitnimmt.
Seit fast fünfzehn Jahren veranstaltet die Eutiner Loge “Zum Goldenen Apfel” in den Sommermonaten kostenlose Führungen durch den Eutiner Schlosspark. In ihm sind freimaurerische Gestaltungselemente aus dem Ende der 18. Jahrhunderts bis heute erhalten geblieben. Für den ungeschulten Besucher sind diese nicht ohne weiteres erkennbar. Umso besser ist es, dass Logenmitglied Dieter Orzelak diese geheimen Symbole entschlüsseln kann und heute etwa 20 Gäste auf eine Reise ins späte 18. Jahrhundert mitnimmt.
Dieter Orzelak erklärt seinen Besuchern die Bedeutung des Monopteros. |
Wer bei Freimaurern gleich an Dan Brown denkt und im Eutiner
Schloss geheime Schatzkammern vermutet, der wird enttäuscht. Wir stehen im
rechteckigen Innenhof des Schlosses, dessen linker Hintereingang zum
Schloss-Café führt. „Dies ist das Freimaurer-Portal“, erklärt Orzelak. Als die
Eutiner Loge 1771 gegründet wurde, bekam sie ihre Räumlichkeiten im Schloss.
Das lag vermutlich daran, dass ihr erster Meister Bediensteter des Herzogtums
Oldenburg war und dort für das Lotteriewesen verantwortlich zeichnete.
In der rechten Ecke des Torbogens sieht man einen Zirkel und ein Winkelmaß. Orzelak erläutert: „Der Zirkel stellt das Verhältnis zur Gesellschaft, das Winkelmaß das zu mir selbst dar“. Freimaurer seien wie Steine: „Ziel ist es, die unvollkommenen Ecken des Steins abzuhauen.“ Der nach oben blickende Kopf sei der Transzendenz zugewandt. In Eutin sei das Freimaurertum mangels Interesse 1776 bereits wieder eingeschlafen, räumt Orzelak ein. Die verbliebenen Freimaurer mussten sich nach Lübeck orientieren. Der Herzog von Oldenburg, Peter Friedrich Ludwig (1755 – 1829), sei vermutlich selbst Freimaurer gewesen, so Orzelak. Sein Hauslehrer Christian Cay Lorenz Hirschfeld (1742 - 1792) habe ihn an die Freimaurerei herangeführt. Dieser sei auch maßgeblich an anderen Freimaurergärten beteiligt gewesen. 1788 ließ Peter den bis dato barocken Eutiner Schlosspark radikal in einen Englischen Landschaftspark mit freimaurerischer Symbolik umwandeln. Er bestand aus zwei großen Sichtachsen, von denen heute nur noch eine erhalten sei. Die zweite sei im Rahmen der Landesgartenschau in Teilen wieder erkennbar gemacht worden.
Von Geheimbund und mystischen Kulten will Orzelak nichts wissen. Er verweist darauf, dass die Loge heute ein eingetragener Verein sei und damit so transparent wie ein örtlicher Sportverein. Die Frage, ob die Eutiner heute auch Frauen aufnehmen, verneint er. Wer über die Freimaurerei zu Geld oder prosperierenden Beziehungen kommen möchte, mache sich falsche Vorstellungen. Es sei verpönt, unter Logenbrüdern wirtschaftliche Geschäfte anzubahnen. Die Freimaurer seien kein elitärer Club. Jeder(mann) könne sich für eine Mitgliedschaft interessieren, werde dann von den anderen Mitgliedern eingeschätzt und über eine Zeit der gegenseitigen Annäherung per Wahl berufen. Das Aufnahmeritual schildert Orzelak sehr eindrücklich. Man muss sich allen Metalls entledigen, wird in eine dunkle Kammer geführt, in der auf einem Tisch Bibel, Kerze und Totenkopf stehen. Hier gibt es keine Ablenkung, man soll sich auf sich selbst konzentrieren können. Die Bibel stehe für die Weisheit, die Kerze fürs Licht, und der Totenkopf für die eigene Vergänglichkeit. Nachdem einige Zeit vergangen ist, wird der Aufnahmekandidat mit verbundenen Augen und hochgekrempelten Hosen - an einem Fuß steckt statt eines Schuhs ein Pantoffel - von einem Logenbruder auf eine symbolische Wanderung an den Ort seiner Taufe als Freimaurer geführt.
In der rechten Ecke des Torbogens sieht man einen Zirkel und ein Winkelmaß. Orzelak erläutert: „Der Zirkel stellt das Verhältnis zur Gesellschaft, das Winkelmaß das zu mir selbst dar“. Freimaurer seien wie Steine: „Ziel ist es, die unvollkommenen Ecken des Steins abzuhauen.“ Der nach oben blickende Kopf sei der Transzendenz zugewandt. In Eutin sei das Freimaurertum mangels Interesse 1776 bereits wieder eingeschlafen, räumt Orzelak ein. Die verbliebenen Freimaurer mussten sich nach Lübeck orientieren. Der Herzog von Oldenburg, Peter Friedrich Ludwig (1755 – 1829), sei vermutlich selbst Freimaurer gewesen, so Orzelak. Sein Hauslehrer Christian Cay Lorenz Hirschfeld (1742 - 1792) habe ihn an die Freimaurerei herangeführt. Dieser sei auch maßgeblich an anderen Freimaurergärten beteiligt gewesen. 1788 ließ Peter den bis dato barocken Eutiner Schlosspark radikal in einen Englischen Landschaftspark mit freimaurerischer Symbolik umwandeln. Er bestand aus zwei großen Sichtachsen, von denen heute nur noch eine erhalten sei. Die zweite sei im Rahmen der Landesgartenschau in Teilen wieder erkennbar gemacht worden.
Von Geheimbund und mystischen Kulten will Orzelak nichts wissen. Er verweist darauf, dass die Loge heute ein eingetragener Verein sei und damit so transparent wie ein örtlicher Sportverein. Die Frage, ob die Eutiner heute auch Frauen aufnehmen, verneint er. Wer über die Freimaurerei zu Geld oder prosperierenden Beziehungen kommen möchte, mache sich falsche Vorstellungen. Es sei verpönt, unter Logenbrüdern wirtschaftliche Geschäfte anzubahnen. Die Freimaurer seien kein elitärer Club. Jeder(mann) könne sich für eine Mitgliedschaft interessieren, werde dann von den anderen Mitgliedern eingeschätzt und über eine Zeit der gegenseitigen Annäherung per Wahl berufen. Das Aufnahmeritual schildert Orzelak sehr eindrücklich. Man muss sich allen Metalls entledigen, wird in eine dunkle Kammer geführt, in der auf einem Tisch Bibel, Kerze und Totenkopf stehen. Hier gibt es keine Ablenkung, man soll sich auf sich selbst konzentrieren können. Die Bibel stehe für die Weisheit, die Kerze fürs Licht, und der Totenkopf für die eigene Vergänglichkeit. Nachdem einige Zeit vergangen ist, wird der Aufnahmekandidat mit verbundenen Augen und hochgekrempelten Hosen - an einem Fuß steckt statt eines Schuhs ein Pantoffel - von einem Logenbruder auf eine symbolische Wanderung an den Ort seiner Taufe als Freimaurer geführt.
Im Eutiner Schlossgarten kann man die Idee dieser Wanderung
in die Wirklichkeit übertragen: Der Seepavillon bildet als Ort der Taufe den
Ausgangspunkt. Ab da ist der Freimaurer Lehrling und wird über die Lindenallee
auf rechtwinklig, sozusagen „auf den rechten“ Weg seiner Jugend geführt. Die
Allee besteht aus 120 Stammlinden, dessen Abstand unter den Paaren 6,20 Meter
entspricht. Das ergibt eine Gesamtlänge von 365 Metern, welches den 365 Tagen
des Jahres entspricht.
Schon auf der Hälfte der Allee bietet sich ihm die
Möglichkeit, von der Geradlinigkeit des Weges abzuweichen, und andere Lebenswege
einzuschlagen, oder neue Ziele in Angriff zu nehmen. Die Gruppe bleibt aber auf
dem rechtschaffenen Weg, bis der Blick auf die Flora deutlich macht, dass wir
nicht zu ihr gelangen können. Das wird in der Gartenkunst als „Aha-Effekt“ oder
„Haha“-Effekt bezeichnet, so Orzelak. An dieser Station beendet der Lehrling
seine Ausbildung und wird zum Gesellen. Unser Guide weist uns darauf hin, dass
englische Landschaftsgärten oftmals kleine Hütten hatten, in denen ein Eremit
hauste. Mit diesem konnte man auf seinem Weg ins Gespräch kommen. Am
Tuffstein-Haus gibt es einen Exkurs in dessen Geschichte. Gebaut mit Tuffstein
aus einer Malenter Kiesgrube standen dort im 18. Jahrhundert Büsten der Philosophen
Seneca und Aratos. Sie wurden aber von Napoleons Truppen geraubt, und auch die
Idee, eine Büste von Carl Maria von Weber hinzustellen, war nicht von Dauer.
Aus dieser Phase stammt noch der Begriff „Weber-Tempel“. Orzelak hatte es
bereits angekündigt, dass es im Küchengarten heiß sein würde. Geschützt durch
die Ummauerung weht kein Lüftchen, und es ist wirklich gleich gefühlte 10 Grad
wärmer. Orzelak erzählt, der Eutiner Hof habe viele andere Fürstenhäuser mit exotischen
Früchten beliefert. Hier wuchsen Wein, Orangen und Zitronen. In alten
Rechnungen sei eine Wagenladung Ananas an Fürst Pückler vermerkt worden. Orzelak
zeigt auf einen alten Apfelbaum mit dicht und tief hängenden Zweigen. „Das ist
der Ursprungsbaum des Holsteiner Cox“, den Johannes Vahldiek zum Ende des 19.
Jahrhunderts in Eutin gezüchtet hat. Die Besucher nicken ehrfürchtig. Wir
nähern uns dem höchsten Punkt des Schlossgartens, dem Sonnentempel oder Monopteros.
Hier vollendet der Freimaurer seine persönliche Entwicklung und wird vom Gesellen zum Meister. Interessant ist die Entwicklung der neben ihm hoch heraufragenden Schlitzbuche. „Sie ist über 200 Jahre alt und scheint sich an ihr älteres Erbgut zu erinnern. Jedenfalls hat sie auf einer Seite keine Schlitzblätter mehr, sondern klassisch runde.“ – Orzelak erzählt, dass sich Botaniker zur Landesgartenschau mit diesem Phänomen beschäftigt hätten. Es sei nicht durch Pfropfung herbeigeführt, sondern liege im Wesen der Buche selbst.
Hier vollendet der Freimaurer seine persönliche Entwicklung und wird vom Gesellen zum Meister. Interessant ist die Entwicklung der neben ihm hoch heraufragenden Schlitzbuche. „Sie ist über 200 Jahre alt und scheint sich an ihr älteres Erbgut zu erinnern. Jedenfalls hat sie auf einer Seite keine Schlitzblätter mehr, sondern klassisch runde.“ – Orzelak erzählt, dass sich Botaniker zur Landesgartenschau mit diesem Phänomen beschäftigt hätten. Es sei nicht durch Pfropfung herbeigeführt, sondern liege im Wesen der Buche selbst.
Auf dem Rückweg zum Schloss passieren wir den Wasserfall,
der aufgrund der Dürre ausgetrocknet ist. Orzelak bittet uns, sich das Wasserrauschen
vorzustellen. Seitlich am Wasserfall befindet sich eine kleine Grotte. Auf
unerklärliche Weise schlägt er den Bogen zum bekannten Freimaurer Carl von Hessen (1744 -1836), der sich jahrelang mit Alchemie befasst hat und dabei auf
eine Eisenverbindung gestoßen war, die den Ursprung für die spätere
Eisengießerei Carlshütte in Büdelsdorf bildete.
Orzelak hat die Besucher fast drei Stunden informativ
unterhalten. Er lobt deren Aufmerksamkeit und ihre interessierten Fragen. Diese
Wanderung durch den Schlosspark war ein multikultureller Streifzug durch die geschichtliche
Entwicklung vom Absolutismus zur Aufklärung, gab Einblick in kulturelle Trends
wie die Ägyptomanie und die Entwicklung englischer Landschaftsparks. Die Freimaurerei
war mit ihrer Ausrichtung auf das Individuum neuartig und trug einen Hang zum
Subversivem in sich. Vom Geheimbund Freimaurerei haben die Besucher nicht ganz
so viel erfahren, aber zu ihren Tugenden gehört auch die Verschwiegenheit –
Orzelak hat sich ihrer würdig erwiesen!
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