Sommerlicher Vorgeschmack auf das Festival „Musik in den Häusern der Stadt“
Jungpianisten Hanni Liang und Alexander Vorontsov zeigen Fingerfertigkeit und Spielfreude
von Katrin Dürwald
Der Tonali-Saal ist ein sehr junger Konzertsaal und gleichzeitig ein sehr alter. Das Gebäude wurde um 1890 als Pferdestall im Hinterhof des Grindelviertels errichtet und diente später unter anderem als Spirituosenlager. Vor kurzem wurde die Decke angehoben und mit zeitgemäßer Technik versehen. Die Wände wurden geweißt, aber man kann im Mauerwerk noch deutlich ehemalige Türen erkennen, und die Fenster versprühen noch 70er Jahre- Charme. Seit Januar dieses Jahres gibt es den Tonali-Saal. Beim Betreten steigt einem ein feucht-schimmliger Geruch in die Nase, der für ein feuchtes Mauerwerk spricht. Hohe Luftfeuchtigkeit und schlechte Belüftung könnten dem Steinway-Flügel auf Dauer schaden, befürchte ich. Abgesehen davon fängt man hier ganz von selbst an zu schwitzen. Viele Frauen entledigen sich ihrer Jäckchen, und ich beneide diejenigen, die sich für das Tragen von Sandalen entschieden haben.
Der Tonali-Saal ist ein sehr junger Konzertsaal und gleichzeitig ein sehr alter. Das Gebäude wurde um 1890 als Pferdestall im Hinterhof des Grindelviertels errichtet und diente später unter anderem als Spirituosenlager. Vor kurzem wurde die Decke angehoben und mit zeitgemäßer Technik versehen. Die Wände wurden geweißt, aber man kann im Mauerwerk noch deutlich ehemalige Türen erkennen, und die Fenster versprühen noch 70er Jahre- Charme. Seit Januar dieses Jahres gibt es den Tonali-Saal. Beim Betreten steigt einem ein feucht-schimmliger Geruch in die Nase, der für ein feuchtes Mauerwerk spricht. Hohe Luftfeuchtigkeit und schlechte Belüftung könnten dem Steinway-Flügel auf Dauer schaden, befürchte ich. Abgesehen davon fängt man hier ganz von selbst an zu schwitzen. Viele Frauen entledigen sich ihrer Jäckchen, und ich beneide diejenigen, die sich für das Tragen von Sandalen entschieden haben.
vierhändig mit Ipad |
Thema des heutigen Abends ist ein Klavierabend im Rahmen des
Festivals „Musik in den Häusern der Stadt“. Dazu hat dessen umtriebige
Organisatorin Mareike Schäfer die jungen Pianisten Hanni Liang und Alexander Vorontsov gewinnen können. Vor Konzertbeginn stellt sie einige Gastgeber fürs
kommende Festival vor: die Hans-Kaufmann-Stiftung und der Blankeneser Golf-Club
gehören zu den Edeladressen, es machen aber auch ein Sülldorfer Gartenbetrieb
oder die Hamburger Volksbank mit. Ich bin gespannt auf die
intensive Konzertwoche im November.
Mit einem Lächeln betreten Hanni Liang (25) und Alexander
Vorontsov (23) die kleine Bühne, das Publikum sitzt quadratisch angeordnet in zwei
Sitzreihen direkt um sie herum. Anstelle von großformatigen Notenblättern steht
ein Ipad mit den Noten vor ihnen. Hanni Liang sagt, das sei ihr erstes Mal mit
Ipad. Ich finde die Noten sehen verdammt klein aus. Der vierhändige Walzer von
Brahms gelingt etwas mechanisch. Die Hände Vorontsovs zittern noch etwas, und
manchmal wirken die Beiden nicht gut aufeinander abgestimmt. Zum Umblättern der
Noten des Ipads verwendet Vorontsov ein zusätzlich aufgestelltes Funkpedal.
Als Solist spielt Vorontsov die Abegg-Variationen von Robert
Schumann. Bei diesem schwer zu spielenden Stück gleiten seine Hände fließend
und scheinbar mühelos über die Klaviatur. Das Auge kann den Parallelbewegungen
der Hände kaum folgen. Eine Hand vollführt tonleiterartige Sechzehntelläufe,
während sie gleichzeitig auch noch Obernoten spielt. Vorontsov spielt Schumann
schmissig und weich zugleich. Es ist eine unheimliche Freude, ihm zuzusehen und
zuzuhören. Der Saal hat eine angenehme Akustik, da ignoriert man am besten
dessen schlechte Luft. Der gerade mal 23Jährige erntet lang anhaltenden
Applaus.
Debussys Préludes - interpretiert von Hanni Liang |
Hanni Liang spielt solo drei Préludes von Debussy, die das
Ohr fordern, weil sie nicht so eingängig sind wie der zuvor gehörte Schumann.
Liang spielt mit Hingabe und kostet die schweren Passagen förmlich aus. Dabei
entzieht sie sich dem Sog, sie schneller spielen zu wollen. Zum Abschluss
spielen die Beiden ein Stück vom zeitgenössischen russischen Komponisten
Alexander Rosenblatt, in dem er auch Variationen des Volkslieds „Kalinka“
verarbeitet hat. Eine Dame wippt bei der allseits bekannten Melodie verzückt
mit dem Fuß, und in einem Moment umgreift Hannie Liang ihren Pianopartner von
hinten und spielt sowohl die hohen als auch tiefen Töne. Der Klavierabend endet
mit wohlwollendem Applaus für die jungen Künstler, die nicht nur musikalisch,
sondern auch über kleine Erzählungen zwischen den Musikstücken eine Beziehung
zum Publikum aufgebaut haben. Wir wissen beispielsweise jetzt, dass der Flügel
aus dem Tonali-Saal früher im Haushalt der Familie Lang in Düsseldorf stand und
von Hannis Mutter über Jahre abgezahlt worden war. Die Geschichte wirkt
authentisch, und wir bekommen das Gefühl, den Künstlern nahe zu sein.
Festivalleiterin Mareike Schäfer bedankt sich bei den jungen Pianisten. |
Dankbar für jeden kühlen Luftzug streben die Gäste dem
Ausgang entgegen. Der Tonali-Saal ist eher etwas für die kalte Jahreszeit.
Außerdem sollte man ihn trocken wohnen. Beide Pianisten haben wir sicherlich nicht
zum letzten Mal gehört.
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