Hier haben nicht nur Mädels Spaß – Heiße Zeiten – Die Wechseljahre-Revue
von Katrin Dürwald
Als vier als Stewardessen verkleidete Männer in blaugelbem Kostüm und blonder Prinz Eisenherz-Perücke die Bühne betreten, habe ich ein Déjà-vu: habe ich das Stück schon einmal gesehen? – Das Gefühl habe ich auch noch bei einigen Songs, aber das Stück läuft seit 2011 so erfolgreich im St. Pauli Theater, dass es mir auch aus dem Fernsehen oder aus Erzählungen von Freunden bekannt sein könnte.
Als vier als Stewardessen verkleidete Männer in blaugelbem Kostüm und blonder Prinz Eisenherz-Perücke die Bühne betreten, habe ich ein Déjà-vu: habe ich das Stück schon einmal gesehen? – Das Gefühl habe ich auch noch bei einigen Songs, aber das Stück läuft seit 2011 so erfolgreich im St. Pauli Theater, dass es mir auch aus dem Fernsehen oder aus Erzählungen von Freunden bekannt sein könnte.
Die Handlung spielt im Terminal des Frankfurter Flughafens,
an dem die Karrierefrau (Jutta Habicht), die Vornehme (Laura Leyh), die Junge
(Susanne Hayo) und die Hausfrau (Sabine Urig) aufeinandertreffen. Beim Durchschreiten
der Sicherheitsschranke erscheint für jede der Frauen ein Kurzprofil auf dem
Abflugmonitor, das neben ihrem Alter, Beruf und Familienstand jeweils auch
beinhaltet, wann sie das letzte Mal Sex hatte. Allein das liefert bereits die
ersten Lacher: die Karrierefrau gestern, die Junge nach Ovulationskalender, die
Vornehme jedenfalls nicht gestern oder vorgestern, und die Hausfrau weiß bereits
nicht mehr, wann sie das letzte Mal Sex hatte.
Dynamik erhält das Stück anfangs durch den Umstand, dass es
nur drei Stühle für sie gibt. Da rennt eine zum Klo (bzw. zwei, denn welche Frau
geht schon allein?), die andere holt sich einen Kaffee, und die männliche Stewardess
säuselt in perfekter Kopie der leiernden Flughafendurchsagen eine Verspätung
nach der anderen durch den Lautsprecher. Über ihre Handy-Gespräche erfahren wir
mehr über die persönlichen Probleme der Frauen. Die Karrierefrau hat ein schlechtes
Namensgedächtnis, so dass sie Dietrich, ihren One-Night-Stand der letzten Nacht,
laufend mit Dirk oder Dieter anspricht. Sie hat für ihren Geschäftstermin
wichtige „Treatments“ zu Hause vergessen und ihr Lover soll sie ihr zum
Flughafen bringen. Die Hausfrau fliegt zum ersten Mal, hat ihrem Fritz das
Essen für eine Woche vorgekocht und ihm seine Sachen rausgelegt. Die Vornehme
fühlt sich von ihrem greisen Vater terrorisiert, der gerade aus dem Altenheim
ausgebüxt ist. Die Junge spürt, wie ihre biologische Uhr tickt und will schnell
noch schwanger werden, bevor es zu spät ist.
Regisseurin des Stücks ist Gerburg Jahnke, die Songs sind
Arrangements von Tilmann von Blomberg, die (ursprünglichen) Texte stammen von Bärbel
Arenz. Es geht um die Frau über 45 und ihre Probleme: Aufwallende Hitze und verstärkten
Harndrang, „Tena Lady“ und Depressionen, Sehnsucht nach dauerhafter Bindung
oder einer Schwangerschaft. Das St. Pauli Theater hat unter der musikalischen Leitung
von Jan Christof Scheibe einige Texte neu geschrieben. Was die vier Frauen,
Laura Leyh wunderbar unnahbar und mit arrogantem Blick, Jutta Habicht frivol
und sexy, Sabine Urig hausmütterlich und liebenswert, und Susanne Hayo mit
Torschlusspanik in den Augen da auf der Bühne leisten, ist großartig! – Nicht
nur schauspielerisch, sondern auch gesanglich ist das Extraklasse. Leyhs singt
einen Tina Turner-Klassiker (We don’t need another hero), der aber von „Contenance“
im Alter handelt. Urig besingt mit „Ich hab‘ne Welle“ Hitzewallungen, die Melodie
dazu stammt aber aus Sister Act („My Guy“). In einem Stück wird Jan-Christof
Scheibe förmlich zum klavierspielenden Hund Rowlf aus der Muppet Show. Der Saal
lacht Tränen. Vor mir sitzt ein Junggesellinnenabschied; aus einer Tasche
werden immer wieder Piccolos gezaubert. Auch die Männer im Saal grölen mit, auch
wenn es ihnen in den Dialogen öfter selbst ans Leder geht. Man muss nicht 45 plus
und weiblich sein, um in diesem Stück Spaß zu haben. Es gibt frenetischen
Beifall, den die Akteure des Stücks mit der Zugabe „Girls just wanna have fun“
belohnen.
Allenfalls an der Verkaufstaktik des St. Pauli Theaters habe
ich etwas zu meckern: kaum habe ich meine Karte zum regulären Preis gekauft,
erhalte ich im Newsletter das Angebot auf einen 15-Euro-Rabatt, natürlich erst
bei einem neuerlichen Kauf. Und am Vorstellungsabend werden die Restkarten mit
50% Rabatt im „Quidje“-Container angeboten. Tja, der Pracht-Sommer scheint den
Kartenverkauf zu erschweren und bietet vielleicht manch einem Anderen die
Chance, das Stück gerade günstiger zu schauen!
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